Zehn Tipps

Wissenswertes über öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige
1.




















„Öffentlich bestellter Sachverständiger“ – was bedeutet das?

Nur wer durch eine öffentlich-rechtliche Institution – z. B. wie in meinem Fall durch die Handwerkskammer (HWK) Dresden – bestellt und vereidigt wurde, darf sich als „öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger“ bezeichnen (oftmals als öbuv SV oder ö.b.u.v. Sachverständiger abgekürzt). Das bedeutet, dass er besondere Sachkunde, Unabhängigkeit, Objektivität und Vertrauenswürdigkeit nachgewiesen hat. Fehlt nur eine dieser Anforderungen, wird der Sachverständige nicht bestellt. 

Die Bezeichnung „Sachverständiger“ allein bietet keine Gewähr für Qualität, denn sie ist gesetzlich nicht geschützt. Deshalb müssen Qualifikation und persönliche Integrität gesondert geprüft werden, wenn Sachverständige ohne öffentliche Bestellung sich oftmals als „freie“ Sachverständige selbst „ernennen“ und ihre Dienste anbieten.

Auch die Anerkennung durch private Sachverständigenvereinigungen kann die öffentliche Bestellung und Vereidigung nicht ersetzen. Nur die öffentliche Bestellung ist die vom Gesetzgeber vorgesehene Auszeichnung besonders qualifizierter Sachverständiger.
2.






























Was ist so besonders an einem öffentlich bestellten Sachverständigen?

Besondere Sachkunde
Nur der öffentlich bestellte Sachverständige muss im offiziellen Bestellungsverfahren einen anspruchsvollen Nachweis über seine „besondere Sachkunde“ führen. Darunter versteht man überdurchschnittliche Fachkenntnisse und Erfahrungen.

Vertrauenswürdigkeit 
Die Zuverlässigkeit und Integrität wird vor der öffentlichen Bestellung überprüft. 

Objektivität
Er wird darauf vereidigt, seine Aufgaben gewissenhaft, weisungsfrei und persönlich zu erfüllen sowie seine Gutachten unparteiisch zu erstatten.

Pflicht zur Gutachtenerstattung
Er darf Aufträge nur aus wichtigem Grund ablehnen (z. B. Verwandtschaft mit einer der Parteien).

Schweigepflicht 
Er muss die ihm bei der Ausübung seiner Tätigkeit anvertrauten Privat- und Geschäftsgeheimnisse wahren. Bei unbefugter Verletzung der Schweigepflicht kann er streng bestraft werden.

Überwachung
Der Sachverständige wird durch die Stelle, die ihn öffentlich bestellt hat, beaufsichtigt. Sie kann ihm die Bestellung entziehen, wenn er seine Sachverständigenpflichten verletzt.
3.















Wie kann man einen öffentlich bestellten Sachverständigen erkennen?

An der Bezeichnung
Er muss die Bezeichnung „öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger“ führen.

Am Stempel
Nur er darf einen Rundstempel führen mit Name, Bestellungsgebiet und Körperschaft.

Am Ausweis
Ein öffentlich bestellter Sachverständiger hat einen offiziellen Ausweis (neuerdings meist in Form einer Checkkarte), welchen er auf Verlangen vorzeigen muss und in dem Personalien, Bestellungsgebiet und Körperschaft angegeben sind.
4.















Wann wird ein öffentlich bestellter Sachverständiger benötigt?

Immer dann, wenn eine unabhängige fachliche Information oder Beratung benötigt wird, ein Schaden beurteilt, eine Sache bewertet, ein fachlicher Streit außergerichtlich geklärt oder der tatsächliche Zustand eines Gegenstandes zu Beweiszwecken festgestellt werden soll. Rechtsfragen darf der öffentlich bestellte Sachverständige jedoch nicht beantworten. 

Das Gutachten eines öffentlich bestellten Sachverständigen genießt erhöhte Glaubwürdigkeit. deshalb bietet es oft die Grundlage für eine gütliche außergerichtliche Einigung. Als Schiedsgutachter im Auftrag der Parteien kann der Sachverständige Streitfragen außergerichtlich schnell und verbindlich entscheiden.Im Gerichtsverfahren sollen nach den Prozessordnungen nur öffentlich bestellte Sachverständige beauftragt werden.
5.
















Wie geht man mit einem öffentlich bestellten Sachverständigen um?

Ein öffentlich bestellter Sachverständiger darf keine fachlichen Weisungen befolgen und Beeinflussungsversuchen nachgeben, die die Objektivität des Gutachtens beeinträchtigen würden. Auch Dritte, denen das Gutachten bestimmungsgemäß vorgelegt wird (z. B. Banken, Versicherungen) müssen sich auf seine Objektivität und Richtigkeit verlassen können. Die zu beantwortenden Beweisfragen werden jedoch vom Gericht oder von sonstigen Auftraggebern vorgegeben. 
Der Sachverständige muss das Gutachten und dessen tragende Grundlage (z. B. Untersuchungen, Besichtigungen, Prüfung von Unterlagen) persönlich erarbeiten.
Ständige Geschäftsbeziehungen, gute Bekanntschaft oder Verwandtschaft und dergleichen stellen die Unbefangenheit des Sachverständigen und die Verwertbarkeit des Gutachtens regelmäßig in Frage.
6.

















Wie muss der Auftraggeber den Sachverständigen unterstützen?

Ist ein Gutachten in Auftrag gegeben, besteht für den Auftraggeber eines Gutachtens nach Werkvertragsrecht meist eine vertragliche Mitwirkungspflicht. 
Sie bedeutet, dass er alles einschlägige Material zur Verfügung stellt,
alle Informationen weitergibt, die von Bedeutung sind bzw. sein können,
jede erforderliche Besichtigung ermöglicht,
alles unterlässt, um den Sachverständigen einseitig zu beeinflussen.
Kann oder will der Auftraggeber nicht im erforderlichen Umfang mitwirken, weil z. B. bestimmte Tatsachen nicht bekannt werden sollen, ist der Zweck des Auftrags insgesamt in Frage gestellt. Der Sachverständige kann sich in diesem Falle weigern, den Auftrag durchzuführen, weil er nur zur Herstellung eines ordnungsgemäßen Gutachtens verpflichtet werden kann. Der Sachverständige unterliegt zwar einer Schweigepflicht, hat aber im Prozess kein besonderes Aussageverweigerungsrecht.
7.





















Was kostet ein Gutachten?

Für die Sachverständigentätigkeit gibt es bis auf wenige Fachbereiche (z. B. die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure) und die Tätigkeit vor Gericht keine Gebührenordnung. Deshalb sollte das Honorar vor Auftragsübernahme mit dem Sachverständigen ausgehandelt werden. Wird kein Honorar vereinbart, gilt die so genannte „übliche Vergütung“, deren Feststellung im Einzelfall erhebliche Schwierigkeiten bereiten kann. Die meisten Sachverständigen berechnen ihr Honorar nach den aufgewendeten Stunden. Der Stundensatz hängt vom Sachgebiet, der Schwierigkeit des Gutachtens, den besonderen Umständen des Falles und der Beschäftigungslage des Sachverständigen ab. Nebenkosten und Mehrwertsteuer werden in der Regel gesondert berechnet. 
Wird der Sachverständige im Auftrag eines Gerichtes tätig, so richtet sich die Höhe seiner Entschädigung nach dem Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen. Zusätzlich werden dem Sachverständigen die notwendigen Auslagen für Hilfskräfte, Fotokopien, Reisen und Übernachtungen ersetzt. Die Kosten des Sachverständigen sind Teil der Prozesskosten und von der unterlegenen Partei je nach Prozessausgang ganz oder anteilig zu tragen.
8.





















Wie haftet der öffentlich bestellte Sachverständige?

Auch ein öffentlich bestellter Sachverständiger ist nicht unfehlbar. Aber er muss für Fehler in seinem Gutachten einstehen, bei privatem Auftrag ein fehlerhaftes Gutachten nachbessern oder einer Honorarkürzung zustimmen. Hat er einen Mangel am Gutachten schuldhaft verursacht, haftete er auch für Folgeschäden, die aus der Verwendung des Gutachtens entstehen. Schuldhaft bedeutet, dass der Sachverständige nicht mit der notwendigen Sorgfalt gearbeitet hat. Die Haftung ist auch vom Inhalt des Gutachtenauftrages abhängig. Daher sollte der Auftrag schriftlich formuliert und genau abgegrenzt werden. 
Durch Vereinbarung mit dem Auftraggeber kann der Sachverständige seine Haftung individuell regeln; die Haftung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit darf jedoch nicht ausgeschlossen werden.
Die Kammern empfehlen den Sachverständigen nachdrücklich den Abschluss einer Haftpflichtversicherung für Schäden aus der Sachverständigentätigkeit.
Wird der Sachverständige im Gerichtsauftrag tätig, gelten andere Haftungsregeln, die gesetzlich festgelegt sind und nicht abgedungen werden können. Die Haftung ist hier bedeutend schwächer als bei Privathaftung.
9.


















Was geschieht bei Beschwerden?

Besteht Grund zur Beschwerde über die Tätigkeit des Sachverständigen, sollte in jedem Falle die Stelle informiert werden, die den Sachverständigen öffentlich bestellt hat. Dort wird die Angelegenheit sorgfältig überprüft, um sicherzustellen, dass nur geeignete Sachverständige öffentlich bestellt bleiben. Die Überprüfung erfolgt deshalb ausschließlich im Interesse der Öffentlichkeit. Bei schwerwiegenden oder wiederholten Pflichtverstößen muss der Sachverständige mit dem Widerruf seiner öffentlichen Bestellung rechnen. Ist dem Beschwerdeführer ein Schaden entstanden, kann er privatrechtlich gegen den Sachverständigen vorgehen (siehe Tipp 8). Die aufsichtsführende Stelle kann nicht in seinem Interesse tätig werden und etwaige Nachbesserungswünsche oder Schadenersatzansprüche beim Sachverständigen durchsetzen. 
Bei Beschwerden über die gerichtliche Tätigkeit eines Sachverständigen muss die Aufsichtsbehörde abwarten, bis das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.
10.














Wo bekommen Sie Rat und Hilfe?

Auskunft über öffentlich bestellte Sachverständige und Fragen zum Sachverständigenwesen erteilen die bestellenden Stellen. Das sind im wesentlichen Industrie- und Handelskammern und Handwerkskammern, in einigen Bundesländern auch Architekten-, Ingenieur- oder Landwirtschaftskammern oder staatliche Stellen für ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich. 
Diese Bestellungskörperschaften geben regionale und überregionale Verzeichnisse über öffentlich bestellte Sachverständige heraus. Sie benennen auf Anfrage kostenlos geeignete Sachverständige. Neuerdings sind auch bundesweite Recherchen nach Sachverständigen durch die EDV-Vernetzung möglich. Je konkreter der zu beurteilende Sachverhalt geschildert wird, desto gezielter kann der richtige Sachverständige gefunden werden.
Quelle: Öffentlich bestellte Sachverständige – Wissenswertes in 10 Tipps , 5. Auflage 2005
Hrsg.: Institut für Sachverständigenwesen e. V., Hohenzollernring 85-87, 50672 Köln 
ISBN 3-928 528-12-2

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